Aussenministerin Dominique Hasler reiste am vergangenen Freitag, 22. März in ihrer Rolle als Präsidentin des Ministerkomitees des Europarats zusammen mit der Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić, in die Ukraine. Neben zahlreichen Arbeitstreffen eröffneten sie gemeinsam das Büro des Schadensregisters für die Ukraine in Kiew.
Operationalisierung des Schadensregisters als Priorität des liechtensteinischen Vorsitzes
Beim Gipfeltreffen des Europarates in Reykjavik im Mai 2023 haben die Staats- und Regierungschefs der 46 Mitgliedsländer des Europarats die Einrichtung eines Registers für Schäden des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine beschlossen. Durch den Krieg in der Ukraine entstandene Schäden, Verluste und Verletzungen können so dokumentiert werden, womit der Europarat einen wesentlichen Beitrag zu den internationalen Bemühungen gegen Straflosigkeit für die von Russland begangenen Verbrechen leistet. Die Ansiedlung eines Schadensregisters beim Europarat hat ihren Grund vor allem in der Expertise des Europarates bei der Umsetzung von Schadenersatzforderungen in Zusammenhang mit Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Liechtenstein gehört zu den Gründungsmitgliedern des Registers, das inzwischen 44 Mitgliedern verzeichnet.
Nach dem historischen Entscheid in Reykjavik war die Operationalisierung des Schadensregisters seit Beginn der Übernahme des liechtensteinischen Vorsitzes ein zentraler Schwerpunkt unserer Arbeit.
Das Schadensregister stellt die erste Komponente eines künftigen internationalen Entschädigungsmechanismus dar. Das Schadensregister dient der dokumentarischen Erfassung von Beweismitteln und Informationen über Schadenersatzansprüche. Eine noch ausstehende Schadenskommission soll in Zukunft über Schadenersatzansprüche entscheiden und bei Vorliegen der Voraussetzungen Ausgleichszahlungen leisten.
Neben dem Hauptsitz des Schadensregister in Den Haag stellt die Eröffnung des Büros in Kiew einen Meilenstein in der Unterstützung der Ukraine dar. Die Eröffnung des Büros in Kiew stiess auf grosses Medieninteresse, zumal zeitgleich durch erneute massive Raketenangriffe Russlands auf die Ukraine kritische Infrastruktur mit gravierenden Konsequenzen beschädigt wurde.
Die Aufgabe des Aussenbüros in Kiew besteht darin, mit den ukrainischen Behörden in verschiedenen rechtlichen und technischen Fragen im Zusammenhang der der Einreichung von Anträgen zusammenzuarbeiten und potenzielle Antragssteller, einschliesslich lokale und regionale Behörden, Unternehmen und die Öffentlichkeit im Generellen, zu sensibilisieren und zu erreichen. Das Satellitenbüro wird auch eine wichtige Rolle bei der Koordinierung des Informationsaustausches mit anderen internationalen Organisationen, ukrainischen Behörden und Organisationen der Zivilgesellschaft spielen, einschliesslich des Austauschs von Beweismitteln.
«Die Eröffnung des Schadensregisters in Kiew ist ein erster konkreter Schritt zur Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung bei Schadenersatzansprüchen. Ich danke dem Team des Europarates und den Mitarbeitenden des Schadensregisters in Kiew und Den Haag für ihren unermüdlichen und wichtigen Einsatz» so Aussenministerin Hasler.
Zahlreiche Arbeitstreffen zu weitreichendem Engagement des Europarats
Neben dem Schadensregister engagiert sich der Europarat mit seinem Aktionsplan «Resilienz, Regeneration und Wiederaufbau» in der Ukraine. Der Aktionsplan umfasst dabei eine breite Bandbreite an Projekten, welche die Ukraine in der Bewältigung der Folgen des Kriegs unterstützen und einen wichtigen Beitrag zur Durchführung von Reformen und der Stärkung der Institutionen beitragen. Zusammen mit der Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić, besprach Aussenministerin Hasler mit Präsident Volodymyr Zelensky, Aussenminister Dmytro Kuleba, Justizminister Denis Malyuska, der stellvertretenden Premierministerin Olga Stefanishyna, dem Parlamentspräsidenten Ruslan Stefanchuk, Staatsanwalt Andriy Kostyn sowie dem Bürgermeister von Mariupol weitere Themen wie die Errichtung einer Schadenskommission, den Umgang mit eingefrorenen Geldern aus Russland sowie die Unterstützung der Ukraine durch den Europarat bei zahlreichen Projekten und gesetzlichen Reformen auf ihrem Weg zur Integration in die EU.
Domenik Wanger, Botschafter in Strassburg, begleitete Aussenministerin Hasler nach Kiew. «Im Rahmen des liechtensteinischen Vorsitzes sind mein Team und ich in Strassburg massgeblich an der Arbeit des Europarates zur Unterstützung der Ukraine beteiligt. Bei der Besichtigung der begangenen Massaker in Butscha hat es sich für mich besonders eindrücklich gezeigt, wofür wir uns tagtäglich einsetzen».
Besuch von liechtensteinischem Projekt
Auf Einladung der First Lady Olena Zelenska besichtigte Aussenministerin Hasler zusammen mit ihr das «Child Rights Protection Center» sowie die «Olena Zelenska Foundation», deren Projekt zur Unterstützung familienähnlicher Waisenhäuser Liechtenstein unterstützt. Dabei handelt es sich um Familien, die mindestens fünf Waisenkinder und Kinder ohne elterliche Fürsorge bei sich aufgenommen haben. In der Ukraine gibt es über 1’300 solche familienähnliche Waisenhäuser, in denen rund 10'000 Kinder leben. Mit der Unterstützung Liechtensteins sollen die Familien in der Region Dnipropetrowsk mit verschiedenen Hilfsgütern unterstützt werden. Dazu gehören einerseits Generatoren, Konvektor-Heizungen und warme Decken, damit die Familien im Winter trotz der regelmässigen Stromausfälle aufgrund der Angriffe auf die Energieinfrastruktur nicht schutzlos der eisigen Kälte ausgesetzt sind. Andererseits stattet die Stiftung die Kinder mit Laptops oder Tablets aus, damit sie den online-Unterricht verfolgen können. Die Stiftung kontaktiert sämtliche Familien direkt und klärt die jeweiligen Bedürfnisse ab, um sie gezielt unterstützen zu können. Durch diesen Projektbesuch konnte sich die Liechtensteinische Delegation einen direkten Eindruck von diesem Projekt und der Verwendung der liechtensteinischen Unterstützung machen, die im Rahmen der Internationalen Humanitären Zusammenarbeit und Entwicklung gesprochen wurde.
Die Reise von Aussenministerin Dominique Hasler fand am Freitag 22. März statt, konnte von Seiten Liechtensteins sowie des Europarats aus Sicherheitsgründen aber erst am Samstag 23. März kommuniziert werden, nachdem sich die Delegation nicht mehr auf ukrainischem Territorium befand.