Direktwahl der Regierung in europäischen Ländern nicht üblich
In demokratischen Regierungssystemen wird grundsätzlich zwischen zwei idealtypischen Systemen unterschieden: dem parlamentarischen und dem präsidentiellen System. Die Unterschiede der beiden Systeme werden in der Studie des Liechtenstein-Instituts «Direktwahl der Regierung. Beispiele, Szenarien, Machbarkeit» im Detail erklärt. Kurz gesagt, sind in einem parlamentarischen System Exekutive und Legislative, das heisst Regierung und Parlament, stark verflochten. Man nennt dies Gewaltenverschränkung. In einem präsidentiellen System sind Regierung und Parlament eigenständig und unabhängig voneinander. Man nennt dies Gewaltentrennung.
Die Zuordnung von Staaten zu Regierungssystemen ist nicht immer eindeutig. Dennoch zeigt eine Klassifikation von «ConstitutionNet», dass präsidentielle Systeme durchaus häufig sind (z.B. in den USA, in Südamerika und auch in Afrika). Sie sind aber selten in Europa. In Europa überwiegen parlamentarische Systeme. Vor allem in den konstitutionellen Monarchien Europas sind grundsätzlich parlamentarische Systeme zu finden, das heisst, dass Parlament und Regierung in einer gewissen Abhängigkeit zueinanderstehen.
In Europa gibt es nur wenige politische Systeme, die eine Direktwahl der Regierung kennen. Auch wird beispielsweise in der Schweiz der Bundesrat vom Parlament bzw. von der Vereinigten Bundesversammlung gewählt. In der Schweiz gab es immer wieder Diskussionen und politische Vorstösse, die eine Volkswahl des Bundesrates fordern, nicht zuletzt, weil auch die Exekutive in den Schweizer Kantonen vom Volk gewählt wird. Die damit verbundene Verfassungsänderung hatte bis heute jedoch keinen Erfolg.
Quelle: Christian Frommelt, Thomas Milic, Patricia M. Schiess Rütimann: Direktwahl der Regierung. Beispiele, Szenarien, Machbarkeit (2022)