Die Regierung hat an ihrer Sitzung vom Dienstag, 9. Mai 2023 den Vernehmlassungsbericht betreffend die Abänderung der Verfassung und die Schaffung eines Gesetzes über die staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften (Religionsgemeinschaftengesetz; RelGG) sowie die Abänderung weiterer Gesetze verabschiedet.
Mit der gegenständlichen Vorlage soll das geltende staatskirchenrechtliche System in Liechtenstein neu geordnet und in ein modernes Religionsverfassungsrecht überführt werden. Die Beziehungen des Landes zu den Religionsgemeinschaften sollen in der Verfassung und einem darauf gestützten Religionsgemeinschaftengesetz einheitlich und gleich geregelt werden. Gemäss geltender Rechtslage ist in Liechtenstein nur die römisch-katholische «Landeskirche» staatlich bzw. öffentlich-rechtlich anerkannt, alle anderen Religionsgemeinschaften müssen sich rein privatrechtlich organisieren. Die gegenständliche Vorlage zielt daher darauf ab, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, um künftig eine sachangemessen abgestufte Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften in Liechtenstein sicherstellen zu können. Von einer vollständigen Entflechtung von Staat (bzw. Gemeinden) und Kirche sowie einem Abschluss eines Abkommens mit dem Heiligen Stuhl (Konkordat) wird jedoch abgesehen.
Die vorgeschlagene Abänderung der Verfassung beinhaltet u.a. eine Anpassung von Art. 37. Insbesondere wird in einem neuen Abs. 3 festgehalten, dass alle Religionsgemeinschaften sich innerhalb der Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung in der Erfüllung ihrer Aufgaben frei entfalten. Diese Bestimmung enthält zudem einen Gesetzgebungsauftrag für das neu zu schaffende Religionsgemeinschaftengesetz.
Das Religionsgemeinschaftengesetz bildet das Kernelement der vorliegenden Regierungsvorlage. Darin sollen künftig die Beziehungen zwischen dem Staat und den staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften geregelt werden. Es soll im Religionsgemeinschaftengesetz insbesondere festgelegt werden, welche Religionsgemeinschaften (neben der römisch-katholischen Landeskirche, welche weiterhin von Verfassungs wegen anerkannt sein soll) direkt von Gesetzes wegen anerkannt werden. Ebenso wird geregelt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit privatrechtlich organisierte Religionsgemeinschaften durch die Regierung staatlich anerkannt werden können bzw. damit privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften gewisse einzelne Vorrechte gewährt werden können. Die staatliche Anerkennung bewirkt, dass der betreffenden Religionsgemeinschaft (und ihren einzelnen Einrichtungen und Gliederungen) öffentlich-rechtliche Rechtspersönlichkeit zukommt, wodurch sie öffentlich-rechtlich verpflichtet und berechtigt werden können. Die besonderen Rechte einer staatlichen Anerkennung beziehen sich namentlich auf den Religionsunterricht an staatlichen Schulen, auf die Seelsorge in öffentlichen Anstalten und Einrichtungen, auf die öffentlich-rechtliche Vertragsschlussfähigkeit und auf den Zugang zu staatlich erfassten Personendaten. Des Weiteren hat die staatliche Anerkennung eine finanzielle Unterstützung durch das Land zur Folge.
Nebst der genannten Abänderung der Verfassung und der Schaffung eines Religionsgemeinschaftengesetzes werden auch einige geringfügige Änderungen weiterer Gesetze vorgeschlagen.
Der Vernehmlassungsbericht kann bei der Regierungskanzlei oder über deren Homepage (https://www.llv.li/de/landesverwaltung/stabsstelle-regierungskanzlei) bezogen werden.
Die Vernehmlassungsfrist endet am 9. August 2023.